Allgemeines zur Entwicklung
Das Eifeler Steinhauergewerbe, das sich heute nur noch in einigen wenigen Steinbrüchen
und Werkstätten halten kann, bot bis zum letzten Krieg in etwa einem Dutzend Orte
annähernd 1500 Steinhauern Arbeit und Brot. Hinzu kamen zahlreiche Hilfskräfte, die z.
B. im Transport- und Fuhrwesen oder bei der Erstellung der Handwerksgeräte tätig waren.
Wie noch aus jüngster Zeit berichtet wurde, folgten auch viele Steinhauer ihren Produkten
an die fernen Verwendungsorte, wo man z. B. in den Bauhütten auf ihre Fertigkeiten
angewiesen war. Manche von ihnen machten sich in der Fremde als Steinmetze für Grabsteine
selbständig. Die meisten Steinhauer in den Eifeldörfern mußten sich, soweit sie die
Altersgrenze noch nicht erreicht hatten, nach dem Niedergang des Gewerbes anderen
Erwerbsmöglichkeiten zuwenden. Hunderte von stillgelegten Steinbrüchen, die in den
Sandsteinfels hineingetrieben sind und allmählich zuwachsen, bestimmen das Bild der
Gemarkung der früheren Steinhauerorte. Die letzten Betriebe sind Überbleibsel einer
Entwicklung, die weit in das Mittelalter zurückreicht. Obwohl die Steinhauerei von
großer Bedeutung für die von der Natur sonst nicht besonders begünstigte Landschaft
war, sind ihre geschichtlichen und volkskundlichen Besonderheiten bisher kaum sichtbar
gemacht. Das kann auch hier nur in großen Zügen für einen speziellen Zweig dieses
Handwerks geschehen, wobei versucht werden soll, die Zusammenhänge mit jenem Gewerbe
aufzuzeigen, das dessen Erzeugnisse benutzt.
Das Sandsteingewerbe in der Eifel war im südwestlichen Teil des Gebirges lokalisiert. Es
erstreckte sich über das Gebiet des Buntsandsteins an der Kyll, etwa von Oberbettingen im
Kreis Daun kyllabwärts über Kyllburg und Kordel bis nach Trier, dann im benachbarten Tal
der mittleren Nims über den Westrand des Kreises Bitburg hinweg bis ins Luxemburger Land.
An einigen Stellen finden sich Gruben, die bereits von den Römern ausgebeutet wurden. Die
hinterlassenen Arbeitsspuren zeigen, daß sich am Abbauverfahren bis in die Gegenwart
hinein nicht viel geändert hat. Zwar haben seit den 50er Jahren der Preßlufthammer und
das Schwarzpulver, mit dessen Hilfe man die Felsblöcke teilt, die groben Schrotarbeiten
erleichtert, doch die Schrothaue gehört nach wie vor zu den unersetzlichen Werkzeugen.
Von der früheren Bedeutung des Sandsteinhauergewerbes im umrissenen Gebiet und in den
angrenzenden Landschaften bis weit die Mosel hinab zeugen die Straßenpflaster,
Grundstücksumfassungen und Hausbauten. Selbst wo sich örtlich anstehende Grauwacke und
Kalkgestein anboten, sind meist die Schmuckformen z. B. an Tür- und Fensterlaibungen aus
Sandstein gehauen. Von den Sandsteintrögen für den vielfältigen Bedarf in Stallung und
Haus wurde schon in der Einleitung gesprochen. Außerdem müssen Bildstöcke und
Grabkreuze sowie Maßwerke und figürliche Arbeiten in den Kirchen erwähnt werden, die in
weitem Umkreis zu finden sind. Hauwerk aus Sandstein wurde mosel- und rheinabwärts bis
Holland ausgeführt.
Wie es in einer 1962 von der Arbeitsgemeinschaft der Kyllsandstein-Industrie verfaßten
Denkschrift ,"zur Rettung der Natur-Werkstein-Industrie und ihres
Arbeitsstandes" heißt, hat sich die Steinmetzkunst seit der Zeit der romanischen
Architektur vor allem im Kylltal zu einem blühenden Gewerbe entwickelt. "Hunderte
... mächtiger Bauwerke in allen rheinischen Städten und in ganz Deutschland sind mit dem
roten oder weißen Eifeler Sandstein" errichtet oder verziert worden. "Das
schön aussehende, wetterbeständige Material, das sich in jeder Beziehung gut bearbeiten
läßt", ist in neuerer Zeit vor allem bei repräsentativen staatlichen Bauten wie
Verwaltungs- und Gerichtsämtern, Bahnhöfen, Brücken, Kasernen verwandt worden. Zum Teil
wurden hierbei die Maßnahmen zur Unterstützung der Eifeler Sandsteinindustrie wirksam,
die Ende des 19. Jahrhunderts unter preußischer Verwaltung einsetzten. Sogar für den Bau
des Reichstagsgebäudes in Berlin hat man Sandsteine aus der Eifel heran geholt. Heute
bedient man sich des farbintensiven, für Reliefarbeiten tauglichen Materials vorzüglich
in der Bildhauerei, z. B. zur sakralen Verwendung oder für Ehrenmale. Zu Platten
gespalten oder geschnitten benutzt man es auch zur Verkleidung von Betonfassaden und als
Terrassen- und Wegebelag bei der Gartengestaltung. Dies macht allerdings nur einen
verschwindend geringen Teil der einstigen Produktion aus.
Neben die architektonisch-künstlerische Verwendung des Sandsteins tritt schon früh die
Nutzung für technische Zwecke. In den Museen des Rheinlandes sind aus römischer Zeit
zahlreiche aus Sandstein gehauene Mühlsteine bewahrt. Wahrscheinlich wurden sie zum
Schälen von Getreidekörnern benutzt, wie das bis vor kurzem noch auf dem Hunsrück
üblich gewesen ist. Die Schälgänge zur Herstellung von Perlgraupen waren hier häufig
mit Rundungen aus Eifeler, weiter zur Nahe hin auch aus Pfälzer Sandstein bestückt. In
einigen urtümlich eingerichteten Bauemmühlen wurde auf ihnen sogar Brotmehl gemahlen,
was wegen der Verunreinigung des Mahlgutes durch den Sandabrieb sicher als Ausnahme zu
gelten hat. Doch zum Ablösen von Spelz und Samenhaut eignete sich der Sandstein mit
seiner körnig-rauhen Oberfläche ausgezeichnet. Da die Steine beim Schälen sehr schonend
auf die Getreidekörner einwirkten, konnte sich kaum Sand abreiben. Auch in den am
Niederrhein bis zum ersten Weltkrieg bestehenden Grützmühlen gebrauchte man Sandsteine
zu ähnlichen Zwecken, die hier allerdings aus dem Märkischen kamen. Die Versuche, etwas
über die Produktionsstätten und Arbeitsverfahren der Mühlsteinhauer im Eifeler
Sandsteingebiet zu erfahren, blieben leider erfolglos. Entweder wurde die Herstellung von
diesen Mühlsteinen lange vor 1900 aufgegeben, oder man machte in den Steinbrüchen keinen
Unterschied zwischen Mühlsteinen und Schleifsteinen, was durchaus denkbar ist. Die
kleineren Schleifsteine, die in Mengen zubereitet und z. B. an die Dorfschmiede in weitem
Bereich verkauft wurden, konnten ohne weiteres auch in den Schälgängen gebraucht werden.
Quellenverzeichnis: Festschrift M. Zender, 1970
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