Verbindungen zu den Metall-Schleifereien | |
Die Entwicklung in Neidenbach | Die Hilfsgewerbe der Steinindustrie |
Sandstein-Lexikon |
Verbindungen zu den Metall-Schleifereien im Bergischen Land |
Schon daraus ist zu ersehen, daß die Schleifsteinproduktion in der Eifel von erheblich
größerer Bedeutung war. Die Entwicklung der Kleineisenindustrie im Bergischen Land ist
ohne das Schleifsteinhauergewerbe an der Kyll gar nicht denkbar. Beide Landschaften und
Handwerke waren über die große Entfernung hinweg jahrhundertelang aufs engste verbunden
und beeinflußten einander nachhaltig. Jede Änderung in den Bergischen Klingen- und
Werkzeugschmieden wirkte sich über die Schleifer, welche fast alle Eisen- und Stahlwaren
verkaufsfertig zu machen hatten, unmittelbar in den Sandsteinbrüchen der Eifel aus.
Andererseits gab es direkte Zusammenhänge zwischen der Arbeitsorganisation in den
Steinbrüchen und dem Schleiferhandwerk. Genau so häufig wie die Bergischen Schleifer in
die Eifel reisten, um sich z. B. bei der Einführung neuer Stahlsorten oder neuer
Schmiedewaren an Ort und Stelle das geeignete Steinmaterial auszusuchen, mußten die
Steinhauer aus der Eifel wohl auch ins Bergische Land kommen, wo sie Schleifsteine
umzuhauen oder bei gelegentlichen Reklamationen Schäden auszubessern hatten. Als es bei
der Rationalisierung des Kleineisengewerbes im Zuge der modernen Massenproduktion wegen
der angestammten Privllegien der Schleifer, die zäh verteidigt wurden, zu Schwierigkeiten
kam, suchte man deren Monopolstellung dadurch zu brechen, daß man Eifeler
Schleifsteinhauer als Schleifer in den Fabriken hielt. Bei ihren Erfahrungen mit dem
Steinmaterial gab es beim Umlernen keine besonderen Schwierigkeiten. Zu engeren Kontakten
kam es auch dadurch, daß Schleifkottenbesitzer oder ehemalige Schleifer aus dem Gebiet
von Solingen und Remscheid den größten Teil der Schleifsteinproduktion des
Schleifsteinhandels an sich zogen. Auf diese Weise wirkten sie bei der Ausweitung der
Steinhauerei in der Eifel entscheidend mit. Im Mühlenregister des Bergischen Amtes Beyenburg von 1608, das zur Erhebung der Wasserkenntnis auch die übrigen Wassertriebwerke vermerkt, werden neben Hämmern bereits Schleifen aufgeführt. So bestanden damals allein am Morsbach zwischen Clarenbach und Clemenshammer außer 4 Klopfhämmern - wahrscheinlich Pochwerke für die Eisenerzeugung, daneben werden auch Stahl- und Reckhämmer zur Verfeinerung des Eisens genannt - 9 Schleifkotten. An den Bächen in den Amtern Bornefeld und Cronenberg und im Solinger Gebiet sah es nicht anders aus. Diese Tatsache spricht für eine frühzeitige Aufgliederung des Eisengewerbes, über dessen Anfänge im Bergischen Land keine gesicherten Quellen vorhanden sind, in Werkstätten der Eisenerzeugung, in Schmieden und in Schleifen. In den Schleifen, die wegen des erforderlichen Wasserantriebs in den Bachtälern lagen, wurden die in den Schmieden hergestellten Waren geschärft. Die Schmieden dagegen, in denen die Werkstücke mit Handhämmern geformt werden mußten, lagen ursprünglich alle auf den Höhen bei den Siedlungen. Die ältesten Nachrichten lassen nicht nur erkennen, daß die Schmiede und Schleifer von Anfang an ihre Handwerke getrennt voneinander und selbständig ausübten, sie bezeugen auch eine frühe Spezialisierung nach Warengattungen. Während sich die Schwertschmieden, später die Klingen- und Schneidewarenindustrie, in Solingen konzentrierten, wurden in Ronsdorf-Lüttringhausen hauptsächlich Sicheln und in Cronenberg-Remscheid Sensen, beziehungsweise Sichten gemacht. Zur Fertigstellung dieser Waren war man in allen drei Handwerken auf die Schleifer angewiesen. Als man sich innerhalb der drei Sondergewerbe zu zunftmäßigen Handwerksbruderschaften oder Ambachten zusammenschloß, bezog man wohlweislich die Schleifer mit ein, genauso wie die ebenfalls mit diesen Schmiedewaren befaßten Härter und Händler. So haben wir von vornherein zwischen den nach den Zunftordnungen getrennten Schwertschleifern, deren Privilegien bereits 1401 formuliert wurden, den Sichelschleifern und den Sensenschleifern zu unterscheiden. Selbstverständlich kamen noch Unterschiede hinzu, die sich im Hinblick auf die verschiedenen Waren aus den besonderen Schleifverfahren, eventuell auch Schleifeinrichtungen und Schleifsteinen ergaben. Über die in der frühen Zeit verwendeten Steine wissen wir nichts, es dürften Steine verschiedener Größe, Form, Härte usw. gewesen sein. Da die Ausübung des Handwerks innerhalb der Zünfte erblich war und an feste Regeln gebunden blieb, mußte sich das Trennende stärker auswirken als der gemeinsame Schleiferberuf. Daran hat sich auch nach der Aufhebung der Zünfte zu Anfang des 19. Jahrhunderts nichts geändert. Wir verfolgen die Entwicklung bei den Remscheider Sensenschmieden, weil hier die Auswirkungen auf das Eifeler Schleifsteinhauergewerbe besonders deutlich werden. Der Zusammenschluß der Sensenschmiede, Sensen- und Stabschleifer zur Bruderschaft durch die von der Düsseldorfer Hofkammer verliehenen Handwerksprivilegien erfolgte im Jahr 1600. In der Verleihungsurkunde, in der die Handwerksordnung festgelegt ist, wird den Schleifern als Mitgliedern der Sensenzunft auferlegt, in erster Linie ihre Handwerksgenossen zu bedienen und deren Sensen, Sichten und Strohmesser handwerksgerecht zu schleifen. Der hier gebrauchte Ausdruck "Stabschleifer", der im Wechsel mit "Sensenschleifer" verwandt ist, bezieht sich auf "Stabware", wahrscheinlich ein Sammelbegriff für die oben aufgezählten Erzeugnisse der Sensenschmiede. Sie wurden nämlich alle aus gereckten Eisenstäben hergestellt. Als später beim Niedergang des Sensenhandwerks andere Schmiedeerzeugnisse in den Vordergrund traten, die man ebenfalls aus Stabeisen oder Stabstahl tertigte, leiteten die Schleifer ihre Zuständigkeit dafür von diesem Ausdruck ab. Die Anzahl der Sensen, die in verschiedenen Sorten an den Niederrhein, nach Holland, Brabant, Flandern, Frankreich, England, Norwegen und in die Ostländer gingen, wird für die Zeit der Zunftgründung auf mindestens 54 000 geschätzt. Im Gegensatz zu den "Blauen Sensen", die aus der Steiermark kamen, wurden sie als "Weiße Sensen" bezeichnet. Diese Handelsbezeichnung ist heute noch für die Ware aus der letzten bergischen Sensenschmiede in Schlebusch gebräuchlich. Sie hob einen wesentlichen Materialunterschied hervor: Die steirischen Sensen waren ganz aus Stahl hergestellt; die Bergischen besaßen ursprünglich nur eine schmale, mit dem aus Eisen geschmiedeten Blatt verschweißte Stahlschneide. Während der Stahl beim Härten bläulich anlief, bekamen die Eisenblätter eine schmutziggraue Farbe und mußten daher blank gemacht werden. Insofern trifft die Bezeichnung auch das Aussehen. Da der silbrige Glanz im Laufe der Zeit die Bedeutung eines Herkunfts- und Qualitätszeichens erlangte, kommen die Schlebuscher Sensen selbst heute noch blank in den Handel, obwohl man auch im Bergischen schon lange kein Eisen mehr verwendet. Die Sensenblätter werden auf dem Schleifstein blank geschliffen. Heute wie früher gehört das zur Arbeit der Sensenschleifer. Sie hatten also nicht nur die Schneiden zu schärfen und die Sensen damit gebrauchsfertig zu machen, sondern gaben ihnen in ihren Kotten auch das glänzende Aussehen, das den Verkauf förderte. Welchen Einfluß die Schleifer von Beginn an in der Sensenzunft hatten, zeigen die Rechte, die man ihnen einräumte. Obwohl sie anfangs mit 10 Genossen gegenüber den 72 Schmieden nur eine recht kleine Minderheit stellten, billigte man ihnen im Vorstand der Bruderschaft paritätische Mitwirkung zu. Von den 7 Sitzen der Ratleute besetzten sie mit dreien genau soviel wie die Schmiede. Der siebente Sitz wechselte zwischen beiden Parteien. Der Handwerksvogt, der den Vorsitz hatte, wurde allerdings aus den Reihen der Schmiede gewählt. Bei der zahlenmäßigen Unterlegenheit der Schleifer kam es häufig vor, daß Klage wegen der verspäteten Abfertigung der gelieferten Rohsensen und wegen des dadurch stockenden Verkaufs geführt werden mußte. Dem war - vor allem bei steigender Produktion - nur damit abzuhelfen, daß man immer mehr Schleifer zuließ. 1763 kamen auf 73 Sensenschmiede, die also nur um einen vermehrt worden waren, bereits 96 Schleifer. Ihre Anzahl war damit um 86 gestiegen. In gleichem Maße gewannen die Schleifer an Schwergewicht in der Bruderschaft, so daß sie ab 1780 auch das Amt des Vogtes für sich in Anspruch nehmen konnten. Vorher hatten sie schon wichtige Kontrollaufgaben übernommen. Da sämtliche Rohsensen zur Fertigstellung durch ihre Hände gingen - diese mußten mit dem Zeichen der Schmiede gekennzeichnet sein -, konnten die Schleifer mühelos die in der Handwerksordnung vorgeschriebenen Qualitätsbestimmungen überprüfen. Sensen, die ihnen nicht entsprachen, mußten zurückgewiesen werden. Ebenso war es den Schleifern möglich, die Menge der Produktion zu überwachen, die in der Handwerksbruderschaft für jeden einzelnen Schmied jährlich neu festgelegt wurde. Die so erreichte Schlüsselstellung kam ihnen zugute, als die Sensenschmiede sich seit dem 18. Jahrhundert der vordringenden Konkurrenz der märkischeri Sensen nicht gewachsen zeigten. Grund hierfür war z. T. schon die Stillegung der mit Wasser angetriebenen Sensenhämmer im Jahre 1658. Sie waren in den Jahrzehnten vorher aufgekommen und wurden von wohlhabenden Schmieden zum Breiten der Sensenblätter genutzt, wodurch sich deren Leistung vervielfachte. Da dies jedoch gegen den Gleichheitsgrundsatz verstieß, wurden die Wasserhämmer von der Bruderschaft verboten. Die märkischen Sensenschmiede waren durch solche Beschränkungen nicht behindert und überschwemmten zunehmend den Markt mit ihrer Massenproduktion, die auch preiswerter angeboten werden konnte. Viele von den tüchtigsten bergischen Sensenschmieden verlegten ihre Werkstätten unter dem wachsenden Wettbewerbsdruck in die Mark, wo sie bessere Arbeitsbedingungen vorfanden. Die übrigen gaben im Laufe des 19. Jahrhunderts ihr Handwerk auf oder wandten sich anderen Schmiedeerzeugnissen zu, so daß schließlich die Sensenherstellung im Remscheider Raum ganz aufgegeben wurde. Bis es dazu kam, hatten die Schleifer eine solche Vorrangstellung erreicht, daß sie die außerhalb der Zunft hergestellten freien Schmiedewaren an sich ziehen konnten. Es gab im Bereich der Sensenbruderschaft zahlreiche Kleinschmiedewerkstätten, in denen Schaufeln, Hacken, Hämmer, Beile und andere Werkzeuge angefertigt wurden. Die Ausweitung des Schleiferprivilegs auf diese Artikel wurde damit begründet, daß es sich auch hierbei um Stabware handele. Das Vorhandensein der zahlreichen Schleifkotten, die beim Niedergang der alten Sensenschmieden nach neuen Aufträgen suchten, regte sicher dazu an, die Kleinschmieden zu vermehren und ständig neue Artikel wie Sägen, Hobeleisen, Feilen, Schlittschuhe, Zimmermannswerkzeuge usw. aufzunehmen. Auch die brotlos gewordenen Sensenschmiede stellten sich darauf um. So waren die Schleifer maßgeblich am Ausbau des Kleinschmiedehandwerks beteiligt, dessen Zentrum heute Remscheid ist. Sie sicherten sich das ausschließliche Recht zur Fertigbearbeitung aller Werkzeuge, das über die Zunftzeit hinaus wirksam blieb. Selbst als im 19. Jahrhundert die ersten Werkzeugfabriken aufkamen, mußten diese ihre Erzeugnisse in den Bachkotten für Stücklohn schleifen lassen. Das änderte sich erst, als man durch leistungsfähige Motoren vom Wasserantrieb unabhängig wurde. Um 1900 stellte man die ersten Schleifsteine in den Fabriken auf. Kein Schleifer war anfangs zu bewegen, hier in unselbständiger Tätigkeit zu arbeiten. Wie wir gesehen haben, suchte man sich u. a. mit angelernten Schleifsteinhauern zu helfen. Da man auf diese Weise dem wachsenden Bedarf nicht gerecht werden konnte, ging man schließlich dazu über, die fabrikeigenen Schleifwerkstätten an Schleifer aus dem alten Schleiferstand zu vermieten. In den Zwillingswerken z. B. waren zeitweilig 50 von ihnen im Mietvertrag beschäftigt. Sie arbeiteten auf eigene Rechnung für den halben Stücklohn und bestanden darauf, sich ihre Schleifsteine selber zu besorgen. Wie berichtet wurde, gab es erst seit 1925 in größerer Zahl fest angestellte, abhängige Schleifer. Obwohl die Schleifkotten in den Bachtälern nach und nach verschwanden, blieb bis dahin das Handwerksmonopol, das längst keine rechtliche Grundlage mehr hatte, praktisch in Geltung. Aufgrund ihrer früheren Stellung hielten sich auch danach noch Vorrechte der Schleifer, und es bildeten sich neue aus, selbst als man auf Kunststeine überging. Dazu gehörte das Schnapstrinken während der Arbeit, "um den Steinstaub herunterzuspülen", und die Befreiung vom Zwang, die Arbeitsstunden einzuhalten. Es gab bis vor kurzem noch Schleifer, die für sich das Recht des "blauen Montags" und "blauen Freitags" in Anspruch nahmen. Dafür arbeiteten sie samstags, wenn der übrige Betrieb ruhte. Diese Sonderrechte, die den Betriebsablauf erheblich störten, konnten erst nach dem letzten Krieg allmählich abgebaut werden. Mit dem Aufkommen der Schleifmaschinen verloren sie sich ganz. Seitdem zählen die Schleifer zu den Facharbeitern, bis auf die wenigen. die sich ihre Eigenständigketi in der eigenen Schleiferei bewahrt haben. Dazu gehört auch ein Betrieb, der noch Schleifsteine in Neidenbach bezieht. Solange Natursteine gebraucht wurden, die in ihren Eigenschaften immer Unterschiede
aufweisen, welche den Schleiferfolg beeinflussen, hatte dies bestimmte Auswirkungen. Es
wurde schon erwähnt, daß die Sensenschleifer bei der Umstellung auf das Schleifen von
Kleineisenwaren den Anstoß zur Erschließung der Steinbrüche oberhalb des Kylltals
gaben. Die früheste Nachricht über die Herkunft der Schleifsteine datiert 1773 - damals
gab es in Neidenbach noch keine Steinbrüche. Sie ist in einer amtlichen Aufstellung der
Güter enthalten, welche für das Bergische Schmiedegewerbe importiert werden mußten und
bezeugt, daß die Schleifsteine schon damals aus der Eifel kamen. Ohne genauere Angaben
wird hier die Mosel genannt. Das stimmt mit dem überein, was die ältesten Neidenbacher
Steinhauer überliefern. Aus den Berichten ihrer Vorfahren wissen sie, daß um 1850, also
schon vor Fertigstellung der Eisenbahnstrecke Trier-Köln, in Kyllburg Schleifsteine
gebrochen wurden. Man brachte sie mit Fuhrwerken an die Mosel zur Verschiffung. Andere
verkehrsgünstig gelegene Orte wie Beilingen oder Welschbillig sind ebenfalls bezeugt. Quellenverzeichnis: Festschrift M. Zender, 1970 |